Newsletter 2/15

13.01.2015

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

 

auch wenn die Ebola-Epidemie in Westafrika mittlerweile aus den Medien verschwunden ist, so konnte sie zumindest in Sierra Leone keineswegs eingedämmt werden und behindert das alltägliche Leben entscheidend. Ein Beispiel soll dies kurz verdeutlichen:

 

Am 26. November 2014 wurden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Liberia 7.168 Ebola-Infizierte (3.016 Tote) seit dem Ausbruch der Epidemie gezählt. In Sierra Leone dagegen lag die Zahl noch etwas niedriger: 6.599 Infizierte (1.398 Tote) (Quelle: http://www.who.int/csr/disease/ebola/situation-reports/en/?m=20141126). Nur sechs Wochen später, am 7. Januar 2015, stieg die Zahl der Infizierten in Liberia lediglich um 989 auf 8.157 Infizierte (3.496 Tote). In Sierra Leone dagegen stieg die Zahl der Ebola-Infizierten rasant um 3.181 auf nun 9.780 (2.943 Tote) an (Quelle: http://www.who.int/csr/disease/ebola/situation-reports/en/?m=20150107)! Hierbei handelt es sich um die von der WHO offiziell registrierten Zahlen. Die Dunkelziffer dürfte um ein vielfaches höher liegen.

 

Auf unserer Homepage informieren wir regelmäßig und intensiv über die aktuelle Ebola-Situation in Sierra Leone. Zudem stehen wir mit unseren Partnern fast täglich in persönlichem Kontakt, um uns über die Einflüsse der Epidemie und der damit einhergehenden politischen Restriktionen auf den Lebensalltag der Menschen ein Bild machen zu können.

 

Vor Weihnachten erließ der Präsident von Sierra Leone neue Restriktionen, um das Ebola-Virus in den Griff zu bekommen. So sind seit kurz vor Weihnachten alle Bewegungen zwischen den insgesamt 14 Distrikten streng untersagt! Das ausführliche Statement des sierra-leonischen Präsidenten finden Sie hier: http://www.statehouse.gov.sl/index.php/presidents-speeches/1082-address-by-his-excellency-the-president-dr-ernest-bai-koroma-restriction-on-movement-between-districts-during-christmas-period.

 

Diese Regelung betrifft in besonderem Maße unsere beiden Lkw-Projekte „Verwandlung von Sand in Reis“ und „Bildung kommt in Rollen". Die beiden Projekt-Lkw transportieren Güter für den täglichen Bedarfs wie Reis, Palmöl, Feuerholz, Holzkohle, Obst und Gemüse etc. (Bildung kommt in Rollen) sowie Baumaterialen wie Sand, Zement, technische Geräte und Arbeitsgeräte etc. (Verwandlung von Sand in Reis) von Madina, dem Ort, in dem sich das Waisenhaus befindet, in die Hauptstadt Freetown (ca. 250 km). Oder kurz formuliert: Die Leitung des Waisenhauses betreibt mit unserer Unterstützung ein kleines Logistikunternehmen für den guten Zweck: 60 Waisenkinder erhalten hierdurch ein „Zuhause“, tägliche Mahlzeiten, Schulausbildung und medizinische Versorgung.

 

Seit der neuesten, oben beschriebenen Restriktion, können die Lkw jedoch nicht mehr zwischen Madina und Freetown hin und her pendeln, wodurch die eigentliche Idee unserer Projekte ungewollt untergraben wird. Kurzum: Mit unseren Projekten lassen sich aufgrund der staatlichen Beschränkungen derzeit keine Einnahmen generieren! Als Förderverein haben wir deshalb entschieden, von unserer eigentlichen Philosophie – der Verwendung von Spendengeldern ausschließlich für nachhaltige Projekte – abzuweichen und uns Strategien für die Ebola-Notsituation zu überlegen. Bereits vor Weihnachten beschlossen wir als Vorstand, die Spendengelder, die wir während der Weihnachtszeit (insb. Weihnachtsmarkt Bruchsal und Vortrag im Naturfreundehaus Bruchsal) generiert haben, umgehend, aber bedarfsorientiert, als Soforthilfe an das Waisenhaus weiterzugeben. Bedarfsorientiert heißt, dass wir genau wissen möchten, wofür die Spendengelder verwendet werden. Hierzu erhalten wir detaillierte Kostenaufstellungen sowie schriftliche Begründungen der Maßnahmen in Form von Anträgen von der Familie Bangura.

 

Paul, ein Sohn der Familie Bangura, schrieb am 10. Januar 2014 in einem Antrag an uns, dass es momentan unmöglich sei, aus unseren beiden Lkw-Projekten Einnahmen für die Waisenkinder zu erzielen. Die einzige Einnahmequelle stelle die zum Waisenhaus gehörige Reisfarm dar, wo derzeit die Ernte in vollem Gange ist. Um die komplette Ernte rechtzeitig einholen zu können und den Reis vor dem Vertrocknen und vor evtl. ausbrechenden Buschfeuern (wie im Jahr 2012 bereits geschehen) zu retten, werden dringend mehr Arbeiterinnen und Arbeiter auf der Reisfarm benötigt.

 

Reis ist das wichtigste Nahrungsmittel in Sierra Leone. Durch die Ebola-Epidemie werden viele Reisfelder in Sierra Leone dieses Jahr nicht geerntet, weil die Arbeiterinnen und Arbeiter fürchten, sich dort mit Ebola zu infizieren. Außerdem werden viele Gemeinden, v.a. diejenigen, die sich nach wie vor noch unter Quarantäne befinden, von internationalen Organisationen wie dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) oder der Deutschen Welthungerhilfe mit Nahrungsmitteln versorgt, wodurch diese Gemeinden keinen Anreiz haben, ihre eigene Ernte einzuholen. Aufgrund dessen wird es spätestens nach Anbruch der Regenzeit (Mai – Oktober) in Sierra Leone zu einer Lebensmittelknappheit kommen, die dann insbesondere Reis betrifft. Diese Knappheit an Lebensmitteln führt zu steigenden Preisen, was für das Waisenhaus als Anbieter von Reis in diesem Fall von Vorteil ist.

 

Der Distrikt Kambia und insbesondere die Umgebung von Madina sind seit einigen Wochen Ebola-frei. Es besteht also keine Gefahr, dass sich auf der Reisfarm des Waisenhauses Arbeiterinnen und Arbeiter mit Ebola infizieren. Im Gegenteil sind die Arbeiterinnen und Arbeiter froh, in solch einer schwierigen Lage mit jetzt schon verhältnismäßig hohen Lebensmittelpreisen, durch die Tätigkeit auf der Reisfarm etwas Geld zu verdienen. Deshalb haben wir als Vorstand beschlossen, dem Antrag der Familie Bangura nach Unterstützung für die Reisernte zuzustimmen und den veranschlagten Betrag von SLL 4.000.000 (etwa EUR 740,00, inkl. Gebühren) als Sofortmaßnahme nach Sierra Leone zu überweisen. Damit werden zwei Arbeitstage lang jeweils 80 Arbeiterinnen und Arbeiter (zwei Arbeitsgruppen à 40 Arbeiterinnen und Arbeiter) zur Ernte des Reises bezahlt. Zudem werden 40 weitere Arbeiterinnen und Arbeiter zum Dreschen benötigt. Die Arbeiterinnen und Arbeiter werden mit unserem Projekt-Lkw von den umliegenden Dörfern zur Reisfarm gebracht. Somit findet der Lkw auch unter den aktuellen Umständen eine wichtige Verwendung. Zusätzlich werden die Arbeiterinnen und Arbeiter mit Essen versorgt. Hieraus resultieren die o.g. Gesamtkosten.

 

Mit dieser Soforthilfe kompensieren wir den Verlust der Einnahmen aus unseren beiden Projekten und helfen so, die dringend benötigte Reisernte vollständig und rechtzeitig einzuholen. Denn ursprünglich sollten die Arbeiterinnen und Arbeiter auf der Reisfarm durch die Einnahmen aus unseren beiden Projekten finanziert werden.

 

Bereits vor Weihnachten haben wir die Leitung des Waisenhauses auf deren Nachfrage mit umgerechnet EUR 430 (inkl. Gebühren) für die Reparatur des Kipper (Lkw aus dem Projekt „Verwandlung von Sand in Reis“) unterstützt. Zu jenem Zeitpunkt war die o.g. neue Regelung der sierra-leonischen Regierung noch nicht bekannt. Sobald der Lkw repariert ist, kann er jedoch zum Transport von Reis verwendet werden, der von der Farm nach Madina transportiert werden muss. Wir erwarten die Wiederinstandsetzung des Kippers in den kommenden Tagen und stehen diesbezüglich in regem Austausch mit der Familie Bangura.

 

Somit haben wir alleine in den letzen drei Wochen bereits EUR 1.170 an bedarfsorientierter Soforthilfe geleistet. An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal herzlich bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern für die großartige Hilfe bedanken! Im Gegenzug werden wir Sie weiterhin möglichst regelmäßig, detailliert und transparent über die aktuelle Situation in Sierra Leone und insbesondere am Waisenhaus in Madina informieren. Schauen Sie hierzu regelmäßig auf unsere Homepage in die Rubrik „Aktuell: Ebola“.

 

Zudem möchten wir Sie noch einmal auf unser Forum (http://mech.xobor.de/) aufmerksam machen. Hier können Sie sich auf direktem Wege mit der Familie Bangura über die Situation vor Ort und über unsere Projekte informieren und sich austauschen. Mit dem Forum gewähren wir ein hohes Maß an Transparenz unserer Arbeit, was in dieser Form wohl einzigartig sein dürfte! Nutzen Sie deshalb die Chance und stellen Sie Ihre Fragen oder Anregungen!

 

Weiterhin möchten wir zum einen darauf hinweisen, dass wir die Bilder von unseren beiden Tagen auf dem Weihnachtsmarkt und von Joseph Banguras Konzert in Bruchsal sowie einige Eindrücke vom Vortrag bei den Naturfreunden online gestellt haben.

Zum anderen möchten wir auf einen Artikel der ZEIT aufmerksam machen, der den Lebensalltag unter den erschwerten Bedingungen in Sierra Leone, insbesondere für Kinder, hervorragend beschreibt: http://www.zeit.de/2014/53/wunschzettel-sierra-leone

 

Abschließend empfehlen wir Ihnen ein aktuelles Musikvideo von Daniel Bangura, einem Sohn der Familie. Das Lied ist von Daniel geschrieben und erlangte in Sierra Leone schnell Popularität. Es trägt den Titel „Sierra Leone will rise again“ (Sierra Leone wird wieder auferstehen) und soll den Menschen in der schwierigen Situation Hoffnung geben, zum Zusammenhalt und zum gemeinsamen Kampf gegen Ebola motivieren und Zuversicht verbreiten: https://www.youtube.com/watch?v=ID6mTGo1diA&feature=youtu.be

 

Wir verbleiben mit freundlichen Grüßen,

 

Ihr Förderverein

 

 

 

 

zurück